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Bayernspiel

In diesem sensationellen Spiel im Jahr des 100-jährigen Bestehens des FV Olympia siegten die Laupheimer gegen die komplette Mannschaft des FC Bayern, mit allen Stars, 2:0.

Sensation: Olympia besiegt Bayern-Starensemble mit 2:0 (25.08.2004)

Das „Jahrhundertspiel“ hat seinen Titel doppelt verdient: Verbandsligist FV Olympia Laupheim beschenkte sich zu seinem 100. Geburtstag mit einer historischen Sensation, indem er vor der Rekordkulisse von 11 000 Zuschauern im Olympia-Stadion den FC Bayern München mit 2:0 besiegte.
Man muss sich den Vergleich einfach vor Augen führen. Hier der FC Bayern München, Bundesliga-Nobelklub, 18-facher Deutscher Meister, Weltpokalsieger, Gewinner der Champions League, erfolgreichster deutscher Fußballverein aller Zeiten. Dort der FV Olympia Laupheim, Verbandsligist, Landesligameister 2003, dreifacher Oberschwabenmeister. Hier Spieler wie Zé Roberto (61 A-Länderspielefür Brasilien), Oliver Kahn (436 Bundesligaspiele), Michael Ballack (48 Bundesligatore) oder Lucio (Größter Erfolg: Weltmeister 2002). Dort Emin Kaval (4 Verbandsligaeinsätze), Andreas Mensch (2 Verbandsligatore) oder Holger Bachthaler (Größter Erfolg: „Die Geburt meines Sohnes“). Und dann dieses Ergebnis: 2:0 für Laupheim. In Worten: zwei zu null. „Wir wollen schauen, dass dieZuschauer ihren Spaß haben, und vielleicht können wir ja ein oder zwei Tore schießen“, hatte Olympia-Kapitän Oliver Unsöld, dessen Bundesligabilanz mit dem SSV Ulm 1846 gegen den FC Bayern München 0:5 lautet, vor dem Spiel verkündet.
„Das wird eng“, diktierte Bayern-Trainer Felix Magath der SZ-Reporterin auf die Frage nach dem möglichen Ergebnis scherzhaft in den Block.
Die Zuschauer hatten ihren Spaß, sofern sie Olympia-Fans waren, und es wurdeeng. Zu eng für den deutschen Rekordmeister, der wie versprochen mit all seinen Stars angetreten war. Diese staunten ebenso wie die 11 000 Zuschauer nicht schlecht, als Istvan Borgulya nach gerade 100 Sekunden den Ball aus 18 Metern zum 1:0 in die Maschen drosch. Es sollte Symbolcharakter haben, dass Nationaltorhüter Oliver Kahn – 72 Länderspiele – wie zur Säule erstarrt dem Ball hinterherblickte.

Hoeneß wundert sich

„Die haben wohl nicht gedacht, dass wir einige gute Fußballer in der Mannschaft haben“, vermutete Laupheims Trainer Gursel Purovic, und zumindest Bayern-Manager Uli Hoeneß – der einzige, der sich nach Spielende zu einer öffentlichen Stellungnahme der Gäste aufraffen konnte – gab ihm recht: „Wir haben innerhalb kurzer Zeit gegen drei Verbandsligisten gespielt, aber dieser war schon erstaunlich stark. Ich wundere mich, warum Laupheim nur in der fünften Liga spielt.“
Manch einer wunderte sich gestern Abend wohl, warum der FC Bayern in der Champions League spielt, denn nach dem frühen Rückstand machten sie wenig Anstalten, das von allen erwartete Fußballfest zu zelebrieren. Natürlich wurde ein technischer Unterschied deutlich, natürlich zogen die Profis im Zweikampf eher mal den Fuß weg, natürlich hatte der haushohe Favorit in den 90 Minuten etwa ein halbes Dutzend guter Chancen (siehe „Höhepunkte“) – doch ein Kreativitäts- und Laufverbot hatte eigentlich niemand verhängt. Laupheims Abwehr um den bärenstarken Jan Melichercik wirkte sehr diszipliniert, seine Nebenmänner Oliver Unsöld und Wolfgang Huber sowie später Christoph Schregle gewannen gegen RoyMakaay und Roque Santa Cruz wahrscheinlich mehr Zweikämpfe als am vergangenen Samstag gegen Böblingens Stürmer.
Und nicht nur das: Der Verbandsligist drosch die Bälle nicht bloß hinten heraus, sondern spielte immer wieder frech nach vorn. So verdiente sich Emin Kaval den tosenden Applaus des Publikums, als er im Mittelfeld mehrere Bayern-Spieler austanzte und mit seinem Distanzschuss nur knapp das Tor verfehlte. Und statt der Herren Zé Roberto & Co. spielte der flinke Franzose Didier Kanhan ein bisschen für die Galerie. Hier ein Haken, dort ein Übersteiger, gerne auch vor der Bayern-Bank.
„An dem werden wir noch viel Freude haben“, vermuteten einige Olympia-Anhänger auf der Tribüne – vorausgesetzt, Uli Hoeneß und Felix Magath haben Kanhan nicht gleich in ihren Bus gesetzt.

Melichercik macht alles klar

Die Fußballwelt endgültig auf den Kopf stellte schließlich Jan Melichercik mit seinem herrlichen Treffer zum 2:0 nach schönem Doppelpass mit Matthias Christ. In der Schlussphase dieses denkwürdigen Spieles konnte es sich Gursel Purovic sogar erlauben, aus der Bezirksligamannschaft die zuletzt besonders fleißigen Youngster Daniel Rölle und Torsten Maier sowie Damir Purovic zu belohnen und einige Minuten lang aufs Feld zu schicken. Die Bayern schlugen auch daraus kein Kapital, und hätte Schiedsrichter Markus Schmidt die Partie nicht abgepfiffen, der 90 Minten durchspielende Ballack und seine Kollegen würden vielleicht noch immer vergeblich Richtung Olympia-Tor anrennen.
Auch der junge Torwart Tobias Kirchenmaier, Bayern-Fan durch und durch, durfte in den letzten fünf Minuten noch in den Kasten und war wie seine Teamkollegen hinterher total begeistert. „Unglaublich, unglaublich, auch wenn wir verloren hätten, einfach unglaublich“, stammelte er immer wieder. Trotz der Blamage seines Lieblingsklubs landet Kirchenmaiers rot-weiße Bettwäsche übrigens nicht im Kleidersack. „Nein, nein, die kommt nicht weg – außer vielleicht heute Nacht.“

Die Höhepunkte

2. Minute: Unbehelligt von Münchner Abwehrspielern zieht Istvan Borgulya aus 18 Metern ab, sein platzierter Schuss geht halbhoch ins Tor, Torwart Oliver Kahn zeigt keine Reaktion – 1:0.
16.: Dicke Luft vor dem Laupheimer Tor. Schlussmann Stipe Grcic meistert einen Kopfball von Lucio, der im Nachsetzen am Pfosten und einem Olympia-Verteidiger scheitert.
22.: Starker Antritt von Roque Santa Cruz, der den Ball am herausgelaufenen Grcic vorbei ins Tor spitzeln will, doch der Torhüter gewinnt das Duell.
27.: Wieder ein Distanzschuss des frechen Emin Kaval. Der Ball fliegt über den etwas zu weit vor seiner Linie stehenden Kahn, aber auch knapp über die Querlatte.
28.: Direktabnahme von Santa Cruz wenige Meter vor dem Tor, doch der Ball geht drüber.
33.: Doppelpass zwischen Ballack und Deisler, der den Ball am Torwart vorbeilegt, aber gegenüber einem Verteidiger einen Schritt zu spät kommt.
38.: Ein Schuss von Santa Cruz im Strafraum wird abgeblockt.
47.: Erste Chancen der Bayern nach dem Wechsel, die Direktabnahme von José Paolo Guerrero geht am Tor vorbei.
52.: Vahid Hashemian verfehlt per Kopf das Tor
56.: Laupheims Didier Kanhan wagt einen Fallrückzieher elf Meter vor dem Tor, das Kunststück gelingt, doch der Schuss ist zu schwach.
68.: Flott überbrückt die Olympia das Mittelfeld, nach Christ-Pass wuchtet Jan Melichercik den Ball aus 20 Metern mit links unter die Latte – 2:0.
71.: Olympia-Schlussmann Marian Fedor hält einen Kopfball von Hasan Salihamidzic.
72.: Riesenchance für den Bundesligisten: Ein Linksschuss von Guerrero verfehlt nur knapp das Tor.
73.: Drehschuss von Udo Schrötter aus 18 Metern, Bayern-Schlussmann Michael Rensing hält.
80.: Bastian Schweinsteiger kommt frei vor dem Laupheimer Tor zum Schuss, doch der Jungnationalspiieler schiebt den Ball neben das Tor.
86.: Michael Ballack trifft mit seinem Kopfball den Außenpfosten.
88.: Ein Distanzschuss von Owen Hargreaves bringt ebenfalls nichts ein.
FV Olympia Laupheim – FC Bayern München 2:0 (1:0)
Aufstellung
FV Olympia: Grcic (46. Fedor/84. Kirchenmaier) – Huber (46. Schregle/90. Bonsignore), Unsöld (84. T. Maier), Melichercik – Kaval (46. Schrötter), Sahin (46. Christ), Renz (46. Braunagel), Bachthaler (46. Mensch) – Schrancz (83. D. Purovic), Borgulya (46. Regenbogen), Kanhan (82. Rölle).
FC Bayern: Kahn (46. Rensing) – Linke, Lucio (46. Kuffour), Rau (46. Görlitz) – Salihamidzic, Frings (46. Demichelis), Deisler (46. Hargreaves), Zé Roberto (46. Schweinsteiger), Ballack – Santa Cruz (46. Guerrero), Makaay (46. Hasehemian).
Schiedsrichter:Markus Schmidt (Stuttgart). Assistenten: Jochen Oelmayer (Sulmetingen), David Paulat (Schönebürg).
Tore:1:0 (2.) Istvan Borgulya, 2:0 (68.) Jan Melichercik.

Zuschauer:11 000.